Ein Neugeborenes hat die höchste Empfangsbereitschaft für das Leben. Es ist völlig offen für alles Neue, es ist komplett durchlässig für das, was es durchströmen will.
„Wollte Gott, dass alle im Volk das Herrn Propheten wären und der seinen Geist über sie kommen ließe!“
4. Mose 11, 29
Propheten haben etwas von Neugeborenen. Sie sind offen für Räume und Erfahrungen, die sie noch nicht kennen. Für sie gibt es Dinge, die es jetzt noch nicht gibt, die jedoch möglich werden können. Sie leben in einer gewissen Unbefangenheit mit dem, was sie nicht kennen und wissen. Da ist sogar das möglich, was sie noch überhaupt nicht vor ihrem inneren Auge sehen können. Das ganze Leben ist zukunftsoffen nach allen Seiten. Für sie gibt es keine Schranken und Mauern, die die meisten Menschen sich im Laufe des Lebens antrainiert haben. Wo wir in Gesellschaftsformen hineinwachsen, verlassen wir etwas von unserer grundsätzlichen Offenheit, um uns an die Regeln dieser Familie und Gemeinschaft anzupassen und nicht als Quertreiber aus der Reihe zu tanzen. Spätestens wenn ein Kind die Schule durchlaufen hat, wurden ihm diese Normen beigebracht und die Frische des Geistes zugeschüttet. Er weiß nun genau was, wie geht und wie nicht. Damit steigt der Mensch dann mit angezogenen Bremsen in das volle Leben ein. Unser Wort greift genau diese Tragik auf. Gott wünscht sich nichts sehnlicher, als dass alle wie Propheten oder wie die Neugeborenen wären, mit der ganzen Durchlässigkeit, die er in sie hineingelegt hat. Er sucht nach solchen, die er durch seinen Geist in ungeahnte Räume führen kann. Da liegt Aufbruchstimmung in der Luft, die niemand haben will. Da sind die Menschen so in ihren Formen und begrenztem Denken festgelegt, das dieser Geist, der sie beflügeln und erweitern will, wie ein bedrohlicher Außerirdischer angesehen wird. Wir haben uns so richtig schön eingerichtet und haben eine obere Grenze gesetzt, von dem was bei uns geht und nicht geht. Wir haben uns unseren goldenen Käfig gebastelt und reden uns ein, dass wir uns damit zufrieden geben müssen, weil das der Platz unseres Lebens ist. Es ist alles sauber geregelt, überschaubar, und vor unliebsamen Überraschungen sicher. Und Gott schreit: Wäre da doch Platz für meinen Geist, dann gäbe es keinen Käfig.
Wenn Christus zu seinen Jüngern spricht: Nehmt hin den heiligen Geist, wollte er seine Wirksamkeit im Alltäglichen zurücklassen. Der geballte Inhalt der Gottesliebe, die Kraft der Erlösung, der Vergebung, des Glaubens und der Hoffnung hat er in dieser vergänglichen Welt zurückgelassen. Dort wo wir uns damit abgefunden haben, dass es in der Welt sowieso nichts Bleibendes gibt und wir alle früher oder später wieder abtreten müssen und alles in der Belanglosigkeit endet, durchbricht der Geist diese perspektivlose Sicht. Gerade dieser Geist stellt den vergänglichen Menschen in einen unvergänglichen Raum. Damit sind irdische Gesetze und Normen nicht der Maßstab, für das was möglich ist. Dieser Geist ist unterwegs und sucht unsere Durchlässigkeit.
In welche Formen, haben wir uns gefangen nehmen lassen?
Gott segne dich an diesem Sonntag.
Die Glocke freut sich, wenn Dein Herz schlägt
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Auslegungen für jeden Tag
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