Höre mein Gebet, Herr, und vernimm mein Schreien, schweige nicht zu meinen Tränen.
Ps. 39, 13
Tränen, die zum Himmel schreien, sind die Seelen, die sich 2001 aus den Fenstern der Wolkenkratzer des World Trade Centers gestürzt haben. Terror, der menschliche Wüsten hinterlassen hat. Gebete, die unter Tonnen von Stahlträgern und Schutt begraben wurden? Wenn höchste Bauwerke einstürzen, schreien menschlichen Gebäude die einfallen. Bebende Gemüter versinken vor Ohnmacht im Boden. Der so selbstsichere Mensch im radikalen Aus. „rien ne va plus“ – nichts geht mehr. Herr, vernimm mein Schreien, schweige nicht zu meinen Tränen. Wo nur noch Nichts ist, beginnt eine Schöpfung, die nicht aus Erde gemacht ist.
Der menschliche Nullpunkt ist Gottes Anfang. Wo der Mensch auf nichts als das Schreien reduziert ist, beginnt die eigentliche Wahrnehmung der Wirklichkeit. Alles bricht weg, so dass ich nur noch in der vollkommenen, reinen Existenz Gottes stehe. Wo bei mir nichts mehr ist, ist Gott alles. Wo das Leben am Kreuz stirbt, fängt das Unsterbliche an. Wenn alles weg ist, stehe ich mitten in der Auferstehung. Genau an der Stelle, an der das Leben für alle Zeiten unsterblich ist. Im größten Schreien wird Gott in mir geboren. Da beginnt dieses Leben, bei dem sich der Grabhügel gegen das Sterben aufbäumt. Ich ziehe die Kleider der vergänglichen Welt aus, um von Christus den Mantel der Unsterblichkeit umgelegt zu bekommen. Unter schreienden Tränen, atme ich ewiges Sein ein.
Hab keine Angst, wenn dich das Leben von der härtesten Seite berührt. Dein Weinen hat die größte Verheißung. Wo uns alle Lichter ausgehen, zündet Gott ein ewiges Licht an. Lass dir unter deinem schlimmsten Schreien, das Tor des Himmel aufgehen, dass ein neues Sein geboren wird.
Welche Träne könnte heute zu einer Geburtswehe werden?
Gott segne dich.
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